Motivkosten und Motivablöse - die Kosten einer Location.
Wir werden sehr oft gefragt, wie viel Motivmiete man für eine Location verlangen kann. Leider kann man diese Frage nicht präzise sondern nur umschreibend beantworten. Es gibt weder feste Regeln noch überregionale Absprachen. Denn jede Location ist anders. Und jede Produktion ist anders. Trotzdem starten wir den Versuch, ein wenig Licht auf diesen wenig beleuchteten oder gerne auch mal falsch ausgelegten Bereich zu werfen - wir versuchen, einige der Fragen zu beantworten.
Welchen Wert hat eine Location für Film- und Fotoproduktionen?
Die freie Wirtschaft lehrt uns, dass Preise vom Markt geregelt werden. Nach dem Prinzip Angebot und Nachfrage einer Marktwirtschaft. Nun, dies trifft den Nagel zwar fast, aber leider eben nur fast auf den Kopf, denn nicht jeder Motivgeber vermietet unter rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten und nicht jede Produktion hat das erforderliche Budget. Wer großen Spaß daran hat, die Herstellung seiner Lieblingsserie in seinem Zuhause zu verfolgen, reagiert anders bei Preisverhandlungen als ein auf Umsatz angewiesener Motivgeber. Wer das Glück hat, nicht auf die schönste Nebeneinnahme der Welt angewiesen zu sein – hat natürlich einen größeren Verhandlungsspielraum.
Dazu kommt die Gegenseite, die Produktion, die darauf bedacht ist, möglichst wenig Geld unnötig zu verschwenden und sich in den meisten Fällen an einen straffen Kostenplan halten muss. Produktionsbudgets sind unterschiedlich und richten sich danach, welchen Wert das Endergebnis für die Produktion darstellt und welcher Zweck mit der Veröffentlichung der Aufnahmen verfolgt wird.
Der neue Spot für eine weltbekannte Automarke trägt zur Verkaufsförderung des Produktes in einer hohen Preisklasse bei. Kommerzielle Filmproduktionen haben deshalb ein ganz anderes, weit höheres Location Budget zur Verfügung, als eine Miniproduktion, die ein Fotoshooting für einen kleinen Verlag mit übersichtlicher Leserschaft und entsprechend wenig Anzeigenkunden erstellt und so ist die finanzielle Beschaffenheit des Kunden oft weit ausschlaggebender für das Ansetzen des Mietzinses und letztendlich auch für eine erfolgreiche Vermietung, als die eigenen Vorstellungen.
Gemietet wird nur das, was sich die Produktion leisten kann und leisten möchte. Überzogene Mietpreisforderungen funktionieren in der Regel nicht. Das Beharren auf einen für die Produktion unrealistischen Mietpreis führt letztendlich nicht zum Erfolg. Die Höhe der Motivkosten ist fast immer Verhandlungssache.
Von 10 Villen, die für Film, TV-, Video- und Fotoproduktionen angeboten werden, kann die Kostenspanne von 1000 Euro bis zu 5000 Euro Tagesmiete und mehr betragen. Einfache Wohnungen beginnen bei 800 Euro, elegante, hochwertig ausgestattete liegen um die 1200 bis 1500 Euro und luxuriöse bis zu 2500 Euro oder mehr.
Das Angebot an Objekten ist so vielfältig und unterschiedlich wie die Nachfrage. Lage, Größe, Art, Stil und die Ausstattung aber auch logistische Kriterien fließen in die Beurteilung einer Location ein. Weite Anfahrtswege für Teams, Crews und Cast sind zeit- und kostenintensiver als nah- und gut erreichbare Locations in Ballungszentren. Es gibt demnach viele Kriterien, die das Buchungsverhalten bestimmen.
Neben diesen Überlegungen gibt es einen weiteren Aspekt, den man beachten sollte, wenn man vermieten möchte: kann eine einzigartige Location, die offensichtlich alle Kriterien der Vorgaben erfüllt, überhaupt einen falschen Preis haben? Oh ja! Drehbücher wurden schon umgeschrieben, weil das gesuchte Motiv unerschwinglich oder logistisch unerreichbar war.
Die Motivmiete
Ausschlaggebend für die Höhe der Motivmiete ist immer der Wert einer Location, der sich aus klassischen Faktoren, wie auch beim Immobilienmarkt üblich, und aus sehr ähnlichen Komponenten bildet:
- Lage der Location
- Größe der Location
- Qualität und Ausstattung der Location
- Logistikvoraussetzungen der Location
Aus Sicht einer Produktion kommt immer die Überlegung hinzu, ob das sicherlich wunderschöne Haus denn auch die Vorgaben und die Voraussetzungen erfüllt, die gerade gesucht werden oder ob die Produktionsfirma doch noch einiges investieren muss, um die Location in den Zustand zu versetzen, der im Briefing oder im Drehbuch beschrieben wurde.
Um eine hohe Vermietungsquote zu erzielen ist ein starres Preisgefüge nicht sehr nützlich auch wenn der Mietpreisspiegel und der Möblierungszuschlag eines Immobilienmarktes eine ganz andere Geschichte erzählen. Trotzdem sollten die Kosten immer gedeckt sein und dazu eine faire Vergütung erwartet werden können. Eine Location ist weder ein gemeinnütziges Museum, noch ein Sponsor.
Allein der Wert der Möbel einer antik ausgestatteten Villa könnte für eine Produktion bereits unerschwinglich sein, müsste man entsprechende Stücke durch Stylisten, Set Designer oder das Szenenbild besorgen und ausleihen lassen. Auch Möbelhäuser und ein professioneller Möbelfundus berechnen Leihgebühren zwischen 10 % und 25 % vom Kaufpreis bzw. bei gebrauchten Möbeln, vom Zeitwert des Möbelstückes.
Die Gretchenfrage lautet: welche Bedürfnisse und welcher Aufwand werden durch die Wahl der Location abgefangen? Welche Werte und welchen Nutzen bietet die Location?
Je weniger Voraussetzungen die Location erfüllen kann, desto niedriger wird das Angebot der Produktion sein. Hohe Kosten einer Location wird die Produktion automatisch mit einer hohen Qualität verbinden. Faire Kosten - ein gutes Objekt für einen guten Preis erhalten zu haben – verschafft Zufriedenheit und wer zufrieden ist, kommt in der Regel wieder.
Das Property Release
Zum klassischen Mietwert kommen die Kosten, die Vergütung für die Rechteübertragung des Eigentümers bzw. der Person oder des Unternehmens hinzu, die das Hausrecht, das Eigentumsrecht oder das Persönlichkeitsrecht am Objekt besitzen. Dies gilt für private Immobilien wie auch für gewerbliche und staatliche Objekte.
Die sogenannte Panoramafreiheit bezieht sich auf klar definierte Anwendungsbereiche, dabei jedoch ausschließlich auf das Urheberrecht. Es ist ein großer Irrtum, wenn man davon ausgeht, dass Grundstücke und Gebäude und deren Inhalte einen rechtsfreien Raum darstellen. Ganz im Gegenteil: die Fotografiererlaubnis oder die Drehgenehmigung sind alles andere als selbstverständlich und jede Aufnahme, jede Veröffentlichung und jede Nutzungsart der Aufnahmen, unterliegen einem definierten Schutz.
Der Verwendungszweck der Aufnahmen: dabei spielt die Art der Veröffentlichung, die Medien, in denen veröffentlicht wird und der Zeitraum der Veröffentlichung eine Rolle. Aufnahmen, die zum Zwecke der Veröffentlichung und Verbreitung, in Locations erstellt werden, unterliegen nicht nur dem Datenschutz sondern auch dem Urheberrecht. Maßgeblich ist also nicht nur der klassische Mietwert einer Location, sondern auch immer das zu übertragende Nutzungsrecht, der Nutzen und der Verwendungszweck der erstellten Aufnahmen.
In der Motivablöse wird das Recht auf Verwertung, das Nutzungsrecht für die zeitliche, örtliche, inhaltliche Verwertung bereits berücksichtigt. Die Kosten für die Nutzungsrechte einer Location sind in einer Motivmiete bereits enthalten.
Wer kennt Sie noch, die alte Faustregel: ein Drehtag in einer Location kostet so viel, wie eine Monatsmiete (kalt)?
Lässt sich die Formel heutzutage noch umsetzen? Jein, und wenn ja, dann eher selten - wenn man bedenkt, wie viele der einst großen Produktionsbudgets heutzutage noch bestehen.
Die Formel ist nur dann zweckmäßig, wenn man im gehobenen Produktionsbereich vermieten kann. Die meisten Produktionen, dazu gehört auch das Fernsehen, sind heute sehr weit weg von solchen Vorstellungen. Durch die Sozialen Medien und durch die hohe Vergänglichkeit eines Beitrages, eines Videos oder einer Doku ändert sich der Wert einer Produktion entsprechend und es ändert sich auch der Aufwand, der betrieben wird.
Kleine Teams, oft mit unter 10 Personen, kommen mit kleiner Kamera- und Lichttechnik zum Motiv. Sie bieten Locations zwischen 50 bis zu 80 Euro pro Stunde an. Redaktionelle Beiträge sind oftmals sogar mit noch weniger Budget ausgestattet. Redaktionen von großen Verlagen wie Modezeitschriften oder Lifestyle Magazinen vergüten mit bis zu 100 Euro pro Stunde.
Welches Entgelt nun für die Nutzung des Drehortes angemessen ist, entscheiden mehrere Faktoren:
- Das Budget der Produktion
- Der Verwendungszweck der Aufnahmen
- Der verkaufsfördernde Wert oder die Auflage
- Die Dauer und der Umfang der Nutzung
- Der kulturhistorische und künstlerische Wert der Location, das Alleinstellungsmerkmal
In der Regel wird die Produktionsfirma der Location ein angemessenes Angebot unterbreiten. Dann wird akzeptiert oder verhandelt. Motivkosten (Motivablöse) setzen sich prinzipiell wie folgt zusammen:
- Motivmiete (Kaltmiete, netto, pro Nutzungstag oder Pauschal)
- Nebenkosten (Betriebskosten der Location)
Nebenkosten sind z.B. die Energiepauschale, die Endreinigungspauschale, Kosten für Motivaufsicht oder Sicherheitspersonal, das Umquartieren der Bewohner während der Dreharbeiten. Betriebskosten können inklusive sein oder als Nebenkosten zur Motivmiete berechnet werden. Es können Tagessätze oder auch Pauschalen vereinbart werden.
Die Motivmiete ist in den meisten Fällen eine Grundmiete. Dieser Betrag stellt die Kaltmiete für die Vermietung dar und gilt in der Regel für einen Nutzungstag mit einer vereinbarten Grundmietzeit während der Tageszeit. Für Vor- und Rückbautage, den Auf- und Abbau von Setbauten und für Standtage werden ebenfalls Mietkosten berechnet, diese sind im Verhältnis zu den Drehtagen oder Shooting Tagen üblicherweise niedriger anzusetzen, da an Bautagen oder Standtagen keine Aufnahmen erstellt werden.
Benötigt eine Produktion mehr als die vereinbarten Stunden, wird für jede weitere Stunde Overtime pro Stunde (Überziehung der Grundmietzeit) berechnet. An Sonn- und Feiertagen oder zu Nachtzeiten (ab 22:00 bis 6:00 Uhr) können Zuschläge auf die Motivmiete hinzukommen. Die Höhe der Zuschläge variiert - je nach Location.
Vom Gesetzgeber und laut Steuergesetz sind alle Selbständigen und Unternehmer, außer Kleinunternehmer, dazu verpflichtet, Mehrwertsteuer zu berechnen und diese auszuweisen. Bei einer Vermietung von privat entfällt diese Pflicht. Die Berechnung der Mehrwertsteuer hängt also davon ab, wie der Vermieter steuerlich veranlagt ist.
Motivbudgets
Die Budgets für Motivkosten von Foto-, Film- und Fernsehproduktionen sind extrem unterschiedlich und letztendlich ist ausschlaggebend, welche Geschäftsphilosophie ein Motivgeber bei der Vermietung verfolgt: so oft wie möglich zu vermieten, ab und zu oder nur an sehr hochwertige Produktionen.
Hier nur ein kleiner Auszug aus möglichen Produktionsarten - wobei die tatsächliche Liste wesentlich länger ist.
Zu den hochwertigsten Produktionen zählen:
- Film (Blockbuster, Spielfilme, Kinofilme, Commercials)
- TV und Streaming Dienste (Spielfilme, hochwertige Serien, Fernsehfilme, große Shows)
- Foto (sehr hochwertige Werbeaufnahmen, Imagekampagnen, Plakate, City Lights)
Gute und mittelgroße Budgets bieten:
- TV (Daily Soaps, Fernsehfilm, Krimiserien)
- Video (Musikvideo für Stars und Bands)
- Video (Imagevideos)
- Foto (Werbung im Allgemeinen, Folder, POS, Stills und Produktaufnahmen)
- Foto (Online-Webshops, Kataloge, Titel und Cover/Hochglanzmagazine)
Kleine Budgets haben:
- Film (Dokumentationen)
- Film (Kurzfilm)
- TV (Wissen und Kulturformate, Boulevard, Talk, Ratgeber, Magazine)
- Video (Produkt- und Erklärvideos meist für Websites, Online Kanäle)
- Foto (Printmedien, redaktionelle Beiträge)
- Foto (Social Media, kleine Verlage)
In der Liste fehlen die vielen No- und Low-Budget Produktionen, die unter einem Motivbudget von 500 Euro netto pro Tag liegen. Sie gehören bei den aktuellen laufenden Kosten im Immobilien- und Mietpreissektor, vor allem in Großstädten, nicht zu den lukrativen Anfragen und meist sind sie nicht einmal kostendeckend.
Anhand von Stundenpreisen lässt sich der Unterschied bei der Vergütung sehr gut verdeutlichen (Grundmietzeit: 10 Stunden pro Tag)
- Low-Budget: 400 Euro pro Tag = 40 € pro Stunde
- Normales Budget: 1500 Euro pro Tag = 150 € pro Stunde
Zum Vergleich: Handwerker ohne Meistertitel berechnen in München um die 70 € pro Stunde.
Fazit
On-Location zu sein ist für Produktionen immer mit einem logistischen Aufwand verbunden. Aber der Charme und die Atmosphäre einer alten Villa ist ganz einfach kaum zu toppen und hilft den Schauspielern und Models, dem gesamten Team, sich in die Szenen und Bilder hinein zu versetzen und so authentische Bilder entstehen zu lassen - wie es eine Studioproduktion wohl weniger leicht vermag.
Eine voll ausgestattete hochwertige Gründerzeit Villa bei Berlin mit 280 m² Wohnfläche bietet einer Produktion Atmosphäre, Werte und Leistungen, für die sie in einem Film- oder Fotostudio selbst sorgen muss: die vollständige Möblierung und Ausstattung, die Props und Dekoration und das richtige Licht, die Beleuchtung. Denn nicht selten ist ein fantastisches Tageslicht oder das Mondlicht, das sich seinen Weg durch ein Fenster sucht, der ausschlaggebende, überzeugende Faktor. Und die Kosten?
Die ehrwürdige, alte Villa bei Berlin berechnete für den zehnstündigen Drehtag einer TV-Serie, für ein Team von 30 bis zu 45 Personen, inklusive aller Innenräume und weiteren Außenmotiven im Park, eine Motivablöse von 2200 Euro zuzüglich 200 Euro Nebenkostenpauschale. Die Produktion wurde für alle Beteiligten ein voller Erfolg.